Montag, 21. Januar
Es ist halb neun am Morgen, ich habe noch die Zahnbürste im Mund, die Augen eigentlich noch gar nicht so richtig offen, bekomme aber vom Großen das Handy ans Ohr gedrückt. Doljoo, die Chefin von Naturschutz Mongol berichtet mir, dass ich nachher von einer Kollegin abgeholt und zum Büro begleitet werde. Ich bedanke mich, sage brav deutsch, dass sie sich meinetwegen doch bitte keine Umstände machen solle, ich wisse bereits wo das Gebäude ist und fände auch alleine dorthin. Doljoo hört drüber hinweg und fragt nach meiner mongolischen Nummer, damit die Kollegin mich nachher anrufen kann, Klingeln an den Haustüren ist ja schließlich keine Option. Ich lege auf, gebe dem Großen sein Handy zurück und bin froh, dass mich jemand abholt. Ich habe keine Ahnung, wo das Büro der Sprachschule ist und die Zahnbürste habe ich auch immer noch im Mund. Das fängt gut an. Später am Vormittag holt mich Lkhagva, ab und zeigt mir den Weg zur Arbeit. Aus der Einfahrt raus, rechtsrum und einfach an der großen Straße entlang. Zweimal über die Ampel, dann links und noch einmal über die Ampel und noch einmal ein Stück geradeaus. Angekommen!
Von Kulturist und später auch in den E-Mails von Doljoo hieß es immer, dass ein junges und fröhliches Team schon aufgeregt ist und sich sehr freut, mich bald kennenzulernen. Ich bin bis zuletzt jedoch sehr skeptisch, das klingt alles etwas wie ein überzogener Werbetext, der eine völlig verkappte Realität bewirbt und am Ende absolut nicht das hält, was er eingangs versprochen hat. Aber bereits als ich Lkhagva vor dem Haus auf mich warten sehen, denke ich, dass Judith und Doljoo vielleicht doch nicht zu viel versprochen haben.
Als wir ins Büro kommen, begrüßen mich Bayra, die zusammen mit Daagii alles managet, und Doljoo, die beiden anderen sind gerade am Unterrichten. Mein Ruf ist mir voraus geeilt und man ist bereits unterrichtet, dass ich gerne und viel Kaffee trinke. Während ich mich also mit Doljoo unterhalte, bekomme ich eine Büro-Tasse zugewiesen und gleich mal einen Kaffee in die Hand gedrückt. Über den Begriff „Kaffee“ müssen wir uns noch einmal unterhalten, aber das soll mich fürs erste nicht stören. Den nächsten, den ich kennenlerne, ist Toroo. Er hat seinem Kurs schnell eine schriftliche Aufgabe verpasst, setzt sich zu unserer Frauenrunde und schleppt mich etwas später kurzerhand mit in den Unterricht - seine Leute wissen, dass die Deutsche endlich angekommen ist und wollen unbedingt mit mir sprechen. Alles klar, ich bin am Start, kann losgehen.
Um 13 Uhr ist der Kurs zu Ende, ich gehe schon das erste mal erschöpft zurück in den Vorraum und lerne über die Köpfe sämtlicher Schülerinnen und Schüler, die sich im Vorraum tummeln, hinweg die vorerst letzte im Bunde, Baagii, kennen. Ich stehe überfordert am Rand - zu viele Menschen, zu viel Mongolisch, zu viele neue Namen, die ich mir einfach nicht merken kann, und zu schlechte Luft. Zum Glück sind alle hungrig und das Chaos lichtet sich schnell. Zusammen mit Baagii und Bayra gehe ich zum Mittagessen runter ins Café und während wir auf unser Essen warten unterhalten wir uns über Deutschland, über die Mongolei, über uns. Die beiden Mädels machen es mir alles andere als schwer, mich sofort willkommen, wohl und als Teil des Teams zu fühlen. Wir schnacken pausenlos, lachen viel und gehen anschließend mit bester Laune zurück ins Büro. Obwohl der nächste Kurs um 14 Uhr beginnt, sitzt Toroo auch um zehn nach zwei noch entspannt im Vorraum und das Klassenzimmer ist auch noch so gut wie leer. Auf meinen fragenden Blick bekomme ich nur ein verschmitztes „jaaaa, das ist nicht Deutschland, ne“ und ein Schulterzucken.
Die beiden Kurse am Nachmittag unterrichte ich zusammen mit Toroo, zwischendrin bekomme ich von Doljoo meinen Arbeitsplan für die nächsten beiden Wochen und gleich noch eine Namensliste oben drauf - so läuft das, wenn man ab Tag 2 seinen eigenen Kurs hat. Als ich gegen neun Uhr abends wieder zu Hause bin, bin ich unglaublich müde und geplättet, aber sehr zufrieden. Inzwischen bin ich mir auch sicher: Judith und Doljoo haben nicht zu viel versprochen, als sie von einem jungen und fröhlichen Team berichtet haben.
Es ist halb neun am Morgen, ich habe noch die Zahnbürste im Mund, die Augen eigentlich noch gar nicht so richtig offen, bekomme aber vom Großen das Handy ans Ohr gedrückt. Doljoo, die Chefin von Naturschutz Mongol berichtet mir, dass ich nachher von einer Kollegin abgeholt und zum Büro begleitet werde. Ich bedanke mich, sage brav deutsch, dass sie sich meinetwegen doch bitte keine Umstände machen solle, ich wisse bereits wo das Gebäude ist und fände auch alleine dorthin. Doljoo hört drüber hinweg und fragt nach meiner mongolischen Nummer, damit die Kollegin mich nachher anrufen kann, Klingeln an den Haustüren ist ja schließlich keine Option. Ich lege auf, gebe dem Großen sein Handy zurück und bin froh, dass mich jemand abholt. Ich habe keine Ahnung, wo das Büro der Sprachschule ist und die Zahnbürste habe ich auch immer noch im Mund. Das fängt gut an. Später am Vormittag holt mich Lkhagva, ab und zeigt mir den Weg zur Arbeit. Aus der Einfahrt raus, rechtsrum und einfach an der großen Straße entlang. Zweimal über die Ampel, dann links und noch einmal über die Ampel und noch einmal ein Stück geradeaus. Angekommen!
Von Kulturist und später auch in den E-Mails von Doljoo hieß es immer, dass ein junges und fröhliches Team schon aufgeregt ist und sich sehr freut, mich bald kennenzulernen. Ich bin bis zuletzt jedoch sehr skeptisch, das klingt alles etwas wie ein überzogener Werbetext, der eine völlig verkappte Realität bewirbt und am Ende absolut nicht das hält, was er eingangs versprochen hat. Aber bereits als ich Lkhagva vor dem Haus auf mich warten sehen, denke ich, dass Judith und Doljoo vielleicht doch nicht zu viel versprochen haben.
Als wir ins Büro kommen, begrüßen mich Bayra, die zusammen mit Daagii alles managet, und Doljoo, die beiden anderen sind gerade am Unterrichten. Mein Ruf ist mir voraus geeilt und man ist bereits unterrichtet, dass ich gerne und viel Kaffee trinke. Während ich mich also mit Doljoo unterhalte, bekomme ich eine Büro-Tasse zugewiesen und gleich mal einen Kaffee in die Hand gedrückt. Über den Begriff „Kaffee“ müssen wir uns noch einmal unterhalten, aber das soll mich fürs erste nicht stören. Den nächsten, den ich kennenlerne, ist Toroo. Er hat seinem Kurs schnell eine schriftliche Aufgabe verpasst, setzt sich zu unserer Frauenrunde und schleppt mich etwas später kurzerhand mit in den Unterricht - seine Leute wissen, dass die Deutsche endlich angekommen ist und wollen unbedingt mit mir sprechen. Alles klar, ich bin am Start, kann losgehen.
Um 13 Uhr ist der Kurs zu Ende, ich gehe schon das erste mal erschöpft zurück in den Vorraum und lerne über die Köpfe sämtlicher Schülerinnen und Schüler, die sich im Vorraum tummeln, hinweg die vorerst letzte im Bunde, Baagii, kennen. Ich stehe überfordert am Rand - zu viele Menschen, zu viel Mongolisch, zu viele neue Namen, die ich mir einfach nicht merken kann, und zu schlechte Luft. Zum Glück sind alle hungrig und das Chaos lichtet sich schnell. Zusammen mit Baagii und Bayra gehe ich zum Mittagessen runter ins Café und während wir auf unser Essen warten unterhalten wir uns über Deutschland, über die Mongolei, über uns. Die beiden Mädels machen es mir alles andere als schwer, mich sofort willkommen, wohl und als Teil des Teams zu fühlen. Wir schnacken pausenlos, lachen viel und gehen anschließend mit bester Laune zurück ins Büro. Obwohl der nächste Kurs um 14 Uhr beginnt, sitzt Toroo auch um zehn nach zwei noch entspannt im Vorraum und das Klassenzimmer ist auch noch so gut wie leer. Auf meinen fragenden Blick bekomme ich nur ein verschmitztes „jaaaa, das ist nicht Deutschland, ne“ und ein Schulterzucken.
Die beiden Kurse am Nachmittag unterrichte ich zusammen mit Toroo, zwischendrin bekomme ich von Doljoo meinen Arbeitsplan für die nächsten beiden Wochen und gleich noch eine Namensliste oben drauf - so läuft das, wenn man ab Tag 2 seinen eigenen Kurs hat. Als ich gegen neun Uhr abends wieder zu Hause bin, bin ich unglaublich müde und geplättet, aber sehr zufrieden. Inzwischen bin ich mir auch sicher: Judith und Doljoo haben nicht zu viel versprochen, als sie von einem jungen und fröhlichen Team berichtet haben.
![]() |
Statue auf dem Weg zur Arbeit |
Der Rest der Woche
Fast alle, die bei Naturschutz Mongol Deutsch lernen, möchten als Au-Pair nach Deutschland. Um ein Visum für Deutschland zu bekommen, müssen Mongolinnen und Mongolen seit vergangenem Jahr nicht nur Sprachkenntnisse (A1) anhand eines Goethe-Zertifikates nachweisen, sondern auch ein Visumgespräch in der deutschen Botschaft führen. Während das Sprachzertifikat die wenigsten vor ein Problem stellt, scheitert es doch immer wieder am Visumgespräch - für das die A1 Sprachkenntnisse bei weitem nicht ausreichen. Ich bin noch keine fünf Tage außerhalb Deutschlands, als ich mich das erste Mal über mein Heimatland aufregen möchte. Bei Naturschutz Mongol kann man in vier Kursen das Level A2 erreichen (A1.1, A1.2, A2.1 und A2.2), wobei jeder Kurs vier Wochen dauert. Wer möchte, kann zusätzlich noch den Konversationskurs besuchen und genau diesen Konversationskurs übernehme ich nun.
Doljoo hat meine Schülerinnen und Schüler vorab schon gewarnt, dass ich den Kurs leite, frisch aus Deutschland komme und davon ausgehe, dass es auch wirklich um zwei Uhr losgeht. Ich hab mich nach meinem ersten Arbeitstag darauf eingestellt, dass niemand pünktlich sein wird.
Um fünf nach zwei sind alle da und es geht los - die Verwirrung auf beiden Seite ist groß.
In meinem Kurs spricht niemand so gut Englisch, dass ich es als Hilfe zum Erklären verwenden könnte - die Hilflosigkeit auf beiden Seiten ist groß.
Mit Händen, Füßen und ein bisschen Deutsch verständigen wir uns darauf, dass wir uns erst einmal vorstellen wollen - das Gelächter auf beiden Seiten ist groß.
Mein Konversationskurs ist der vierte Kurs seit Montag, in dem ich mich und alle anderen sich vorstellen. Das Muster ist immer das gleiche und vor allem ist es steif und auswendig gelernt und das Sprachlevel noch lange nicht so hoch, dass ich den Satzbau in Fragen oder Anweisungen variieren könnte. Mein größtes Problem ist allerdings, dass sich niemand wirklich traut mit mir zu sprechen, die Angst beim Sprechen Fehler zu machen kann ist so gut wie greifbar. Während ich meinem Kurs fünf Minuten Pause verordne und die schlechte warme Luft im Zimmer durch schlechte kalte Luft von draußen austausche, habe ich eine Idee: Anwesenheitskontrolle!
Kyrillisch lesen kann ich auch am fünften Tag hier nicht, aber was ich mindestens genauso wenig kann, ist es die lateinisch geschriebenen mongolischen Namen richtig auszusprechen. Ich lese also meine Namensliste vor, ziere mich etwas mehr, als der wahr ist und lasse mich ausführlich von meinen Schülerinnen und Schülern korrigieren. Wunderbar, Experiment geglückt, Eis gebrochen! Am Freitag bekomme ich auf mein beim Betreten des Klassenzimmer gut gelaunt in den Raum geworfenes "Hallo, moin, schön euch zu sehen, hattet ihr einen guten Tag?" schon Antworten, bevor ich vorne an der Tafel bin. So kann es weitergehen!
Den Nachmittags- und Abendkurs am Freitag übernimmt Toroo auf Doljoos Bitte hin, Doljoo, Daagii, Bayra, Baagii und ich wollen nämlich ausgehen und auf meine erste Woche anstoßen. In der Mongolei ist es typisch, dass man direkt nach der Arbeit noch ausgeht, etwas isst, trinkt und in netter Runde beisammen sitzt. Gegen zehn Uhr ist man dann wieder zu Hause oder, falls man den Absprung doch nicht schafft, in einer der unzähligen Karaokebars. In UB („Juubii“ gesprochen), wie man Ulaanbaatar hier nennt, gibt es wesentlich mehr Menschen, die eine Verbindung zu Deutschland haben, als gedacht. Nachdem ich das erfahren habe, ist die Überraschung nur noch recht klein, dass es eine Bar gibt, die einem typischen Brauhaus nicht unähnlich ist: das Chinggis Khaan. Überflüssig zu sagen, dass wir uns nach der Arbeit auf den Weg in eben diese Bar machen. Die erste halbe Maß geht gut runter und schlägt bei allen ordentlich an, das Essen ist lecker, die zweite Halbe läuft nebenher, bei der dritten trennt sich die Spreu vom Weizen, über die restlichen schreibe ich nicht. Und ja, das Bier ist nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut und ja, es schmeckt sehr gut und ja, es ist günstig (1,80€ für die halbe Maß). Nachdem wir Fünf mit blendend guter Laune ordentlich zur Unterhaltung der restlichen Gäste beigetragen haben, haben wir typisch mongolisch um zehn Uhr unsre Sachen gepackt und uns auf den Weg nach Hause gemacht. Ob solche Abende zum Büroleben gehören, frage ich zum Abschied noch. Man mache das nur einmal im Monat, aber eigentlich könne man das durchaus auf zweimal im Monat erhöhen. Und Tsagaan Sar und fünf Geburtstage gäbe es in den nächsten drei Monaten ja auch noch zu feiern… Mich beschleicht das Gefühl, dass es eine gute Zeit wird!
Liebe Grüße aus Ulaanbaatar
Mia
Kommentare
Kommentar veröffentlichen