Sonntag, 19. Mai 2019
Es ist acht Uhr, als der Wecker klingelt, wecken tut er mich aber nicht. Ich habe unruhig geschlafen und mehr als einmal nachts das Gefühl gehabt, dass jemand um unser Zelt schleicht und versucht unseren Kram zu klauen, den wir draußen bei den Motorrädern gelassen haben. Im Morgengrauen hat sich noch dazu herausgestellt, dass wir sehr wohl nervige Nachbarn haben: in den Felsspalten am Berg hinter unserem Zeltplatz nisten Vögel und untermalen den Sonnenaufgang mit ordentlich Lärm. Eigentlich idyllisch, hätte man eben gut geschlafen. Beim ersten Ton des Weckers steht Manfred voller Tatendrang auf, packt das dreckige Geschirr ein, startet sein Motorrad und fährt zum Spülen an den Fluss. Luki und ich sind verwirrt, überfordert mit so viel Aktionismus so kurz nach dem Aufstehen, gucken noch etwas derangiert aus der Wäsche und probieren uns einen Reim auf Zeitzone und Ort unseres Daseins zu machen. Eine Weile später stehen wir zu dritt mit einer Tasse Kaffee um mein Motorrad, was kurzerhand zum Tisch umfunktioniert wurde, und frühstücken. Luki hat irgendwelche österreichische Musik aufgedreht und während die beiden Männer mitsingen, rätsle ich, wovon überhaupt gesungen wird. Aus Integrationsgründen einigen wir uns schließlich auf Wanda, bauen die Zelte ab, schnüren alles wieder auf die Motorräder und weiter geht’s.
Das mongolische Wetter zeigt sich von seiner besten Seite, wir fahren unter blauem Himmel durch die Steppe, Hügel hoch, Hügel runter, Pferdeherden hier, ein kleiner See dort. Schafe, Ziegen, dazwischen mal ein Yak und im Hintergrund immer die Berge. Frei nach dem Motto viele Wege führ’n nach Rom gibt es hier nicht eine Piste, sondern manchmal gleich drei oder vier nebeneinander, die alle ein bisschen anders verlaufen und mal besser, mal schlechter sind. Man weiß nie, welche nun für den nächsten Abschnitt die beste ist und so kommt es, dass ich plötzlich vor einem kleinen Abgrund gut 50 Meter entfernt von der Brücke stehe, die über den Graben vor uns führt. Vorwärts geht nicht, rückwärts auch nicht so wirklich und so überlasse ich es Luki, mein Motorrad irgendwie auf die andere Seite zu bringen. Gut, alle wieder auf dem rechten Weg, es kann weiter gehen. Nein, stop, warte, da fehlt was. Richtig, mein Rucksack ist nicht mehr da. Nach einem kurzen ungläubigen Blick und der Anmerkung von Luki, dass man manchmal gewinnt und manchmal eben verliert, wenden die Jungs ihre Motorräder und machen sich auf die Suche nach dem verlorenen Gepäck. Ich setze mich neben die Piste, freue mich, dass ich mir so eine hübsche Stelle zum Verlieren meines Rucksacks ausgesucht habe und finde obendrein noch ein Snickers in meiner Jackentasche. Könnte schlimmer kommen. Nicht viel später kommen Manfred und Luki zurück und haben meinen Rucksack dabei. Ich mache den Regenschutz, den ich zum Schutz vor dem Staub und Dreck heute morgen übergezogen habe und der offensichtlich zu rutschig ist, wieder weg und schnüre extra sorgfältig alles wieder auf den Gepäckträger.
Irgendwann am späten Vormittag kommen wir in die Nähe von Zivilisation, haben kurz Netz und schreiben mit Melle
Melle
Wie läuft’s?:)
Es ist acht Uhr, als der Wecker klingelt, wecken tut er mich aber nicht. Ich habe unruhig geschlafen und mehr als einmal nachts das Gefühl gehabt, dass jemand um unser Zelt schleicht und versucht unseren Kram zu klauen, den wir draußen bei den Motorrädern gelassen haben. Im Morgengrauen hat sich noch dazu herausgestellt, dass wir sehr wohl nervige Nachbarn haben: in den Felsspalten am Berg hinter unserem Zeltplatz nisten Vögel und untermalen den Sonnenaufgang mit ordentlich Lärm. Eigentlich idyllisch, hätte man eben gut geschlafen. Beim ersten Ton des Weckers steht Manfred voller Tatendrang auf, packt das dreckige Geschirr ein, startet sein Motorrad und fährt zum Spülen an den Fluss. Luki und ich sind verwirrt, überfordert mit so viel Aktionismus so kurz nach dem Aufstehen, gucken noch etwas derangiert aus der Wäsche und probieren uns einen Reim auf Zeitzone und Ort unseres Daseins zu machen. Eine Weile später stehen wir zu dritt mit einer Tasse Kaffee um mein Motorrad, was kurzerhand zum Tisch umfunktioniert wurde, und frühstücken. Luki hat irgendwelche österreichische Musik aufgedreht und während die beiden Männer mitsingen, rätsle ich, wovon überhaupt gesungen wird. Aus Integrationsgründen einigen wir uns schließlich auf Wanda, bauen die Zelte ab, schnüren alles wieder auf die Motorräder und weiter geht’s.
Das mongolische Wetter zeigt sich von seiner besten Seite, wir fahren unter blauem Himmel durch die Steppe, Hügel hoch, Hügel runter, Pferdeherden hier, ein kleiner See dort. Schafe, Ziegen, dazwischen mal ein Yak und im Hintergrund immer die Berge. Frei nach dem Motto viele Wege führ’n nach Rom gibt es hier nicht eine Piste, sondern manchmal gleich drei oder vier nebeneinander, die alle ein bisschen anders verlaufen und mal besser, mal schlechter sind. Man weiß nie, welche nun für den nächsten Abschnitt die beste ist und so kommt es, dass ich plötzlich vor einem kleinen Abgrund gut 50 Meter entfernt von der Brücke stehe, die über den Graben vor uns führt. Vorwärts geht nicht, rückwärts auch nicht so wirklich und so überlasse ich es Luki, mein Motorrad irgendwie auf die andere Seite zu bringen. Gut, alle wieder auf dem rechten Weg, es kann weiter gehen. Nein, stop, warte, da fehlt was. Richtig, mein Rucksack ist nicht mehr da. Nach einem kurzen ungläubigen Blick und der Anmerkung von Luki, dass man manchmal gewinnt und manchmal eben verliert, wenden die Jungs ihre Motorräder und machen sich auf die Suche nach dem verlorenen Gepäck. Ich setze mich neben die Piste, freue mich, dass ich mir so eine hübsche Stelle zum Verlieren meines Rucksacks ausgesucht habe und finde obendrein noch ein Snickers in meiner Jackentasche. Könnte schlimmer kommen. Nicht viel später kommen Manfred und Luki zurück und haben meinen Rucksack dabei. Ich mache den Regenschutz, den ich zum Schutz vor dem Staub und Dreck heute morgen übergezogen habe und der offensichtlich zu rutschig ist, wieder weg und schnüre extra sorgfältig alles wieder auf den Gepäckträger.
Irgendwann am späten Vormittag kommen wir in die Nähe von Zivilisation, haben kurz Netz und schreiben mit Melle
Melle
Wie läuft’s?:)
Mia
Langsam
Langsam
Melle
Das heißt?:D Packt ihr es nach Murun? Mir wird hier sonst langweilig:D
Mia
Wir geben unser bestes. Sind nur auf Piste unterwegs.
Falls bald Teer kommt ja, falls nicht, nein.
Wir geben unser bestes. Sind nur auf Piste unterwegs.
Falls bald Teer kommt ja, falls nicht, nein.
Bis wir mittags in Bulgan sind, haben wir schon 120 Kilometer Piste hinter uns und sind überrascht, wie gut wir vorwärts kommen. Wir entscheiden uns für eine wohlverdiente Pause, diskutieren noch bevor wir die Speisekarte gesehen haben wer wie viele Khuushuur isst und sind dann reichlich enttäuscht, dass es kein Khuushuur gibt. Na gut, dann wird es also Zöwin. Wir sind die einzigen im Restaurant, sitzen mitten in einem riesigen Raum auf roten Samtstühlen und fühlen uns mit unsren staubigen Klamotten und Helm-Haaren etwas fehl am Platz. Luki hat am Abend zuvor das Visier von seinem Helm verloren und nun getrocknete Tränen vom Fahrtwind in den Augenwinkel. Mit einem geee, wie siehst du denn aus leckt Manfred kurzerhand einen Finger ab und wischt Luki die Tränen aus den Augen. Ich gucke verdutzt, lache und nicke dann anerkennend: die Jungs haben soeben den Standard für eine ausgewachsene Bromance in völlig neue Sphären gehoben!
Die Lagebesprechung nach dem Mittagessen ergibt, dass wir von Bulgan aus noch 330 Kilometer Teer bis Murun vor uns haben. Das klappt, das kriegen wir heute hin. Vamos! Nach so langer Zeit auf der Piste, sind wir allesamt froh über den Teer und begeistert von der Rückenfreundlichkeit der Fahrunterlage. Wir drehen voll auf und suchen unser Heil in der Flucht. Nicht weit hinter Bulgan fahren wir am Vulkan Uran Togoo vorbei, der unübersehbar und eindrucksvoll neben der Fahrbahn liegt und nehmen uns vor, auf dem Rückweg mit Melle einen Stop dort zu machen. Nach einer guten Stunde auf Teer wird uns etwas langweilig, wir fangen an, in der Gegend herumzuschauen, freuen uns über die unzähligen süßen Tierbabys, die bei den Herden stehen und fahren Slalom um Backsteine, die ein Transporter wohl verloren hat. Neben der Fahrbahn wir die Strecke von Bulgan nach Murun auf Schildern jeden Kilometer hochgezählt und weder die Zeit noch die Strecke scheinen ins Land zu gehen. Luki fährt vor mir, hat Musik in den Ohren und fängt an auf seinem Motorrad zu tanzen und Gymnastik zu machen, verliert sein Handy fast und fängt sich wieder. Manfreds Jacqueline sträubt sich nach wie vor vor höheren Geschwindigkeiten und so fahre ich gegen die Langeweile Schlangenlinien, singe hinter dem Visier vor mich hin und erschrecke vor meiner eigenen Stimme. Die Piste neben der Straße sieht immer verlockender aus und wir spielen mit dem Gedanken dort ein paar Rückenbrecher zu kassieren, um wieder aufzuwachen, verwerfen die Idee aber aus Zeitgründen schweren Herzens wieder und fahren weiter.
Es ist 18 Uhr und wir haben noch 180 Kilometer vor uns. Langsam windet sich die Straße immer weiter die Berge hoch und mit jedem Meter wird die Luft kühler und langsam schließt sich auch die Schneedecke. Die Tiere links und rechts der Fahrbahn tragen noch ihr Winterfell und sehen unglaublich flauschig aus, die Jungtiere in den Herden kann man an einer Hand abzählen. Hier ist der Frühling wohl noch nicht so richtig angekommen. Wir fahren Richtung Westen, die Sonne steht tief am Himmel und wird vom Schnee wie von einer Diskokugel in alle Richtungen reflektiert. Durch das Visier sieht man fast gar nichts mehr, ich klappe es also hoch, erleide einen mittleren Kälteschock und entschließe mich lieber halb blind zu fahren. Mir ist kalt, langsam macht sich Hunger breit und auf Toilette muss ich auch. Weit kann es bis Murun aber nicht mehr sein, das wird jetzt zu Ende gebracht.
Wie mittags angekündigt, kommen wir kurz nach Sonnenuntergang in Murun an. Melle freut sich tierisch und zu sehen und fällt uns um den Hals. Wir freuen uns nicht minder, sind aber müde und erschöpft, frieren ordentlich und haben Hunger. Melle hat für uns ein Guesthouse organisiert und so bringen wir fix unsre Sachen nach drinnen und ziehen dann auf der Suche nach Khuushuur und Milchtee los Richtung Stadtzentrum. Nun ist Murun nicht unbedingt eine Metropole und bis auf einen abgeranzten Dönerladen alles schon geschlossen. Wenig zufrieden, aber immerhin satt, machen wir uns zurück zum Guesthouse, trinken ein bisschen Wodka und entscheiden uns dann gegen die eigentlich geplante Party und für’s Bett. Voll Sorge, dass uns eine weitere verfrorene Nacht bevorsteht, packt Luki Unmengen Holz in den kleinen Kanonenofen. Die Kombination aus wohliger Wärme und Wodka zeigt bald ihre Wirkung und wir sind im Nu eingeschlafen.
Wie mittags angekündigt, kommen wir kurz nach Sonnenuntergang in Murun an. Melle freut sich tierisch und zu sehen und fällt uns um den Hals. Wir freuen uns nicht minder, sind aber müde und erschöpft, frieren ordentlich und haben Hunger. Melle hat für uns ein Guesthouse organisiert und so bringen wir fix unsre Sachen nach drinnen und ziehen dann auf der Suche nach Khuushuur und Milchtee los Richtung Stadtzentrum. Nun ist Murun nicht unbedingt eine Metropole und bis auf einen abgeranzten Dönerladen alles schon geschlossen. Wenig zufrieden, aber immerhin satt, machen wir uns zurück zum Guesthouse, trinken ein bisschen Wodka und entscheiden uns dann gegen die eigentlich geplante Party und für’s Bett. Voll Sorge, dass uns eine weitere verfrorene Nacht bevorsteht, packt Luki Unmengen Holz in den kleinen Kanonenofen. Die Kombination aus wohliger Wärme und Wodka zeigt bald ihre Wirkung und wir sind im Nu eingeschlafen.




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